Der gebürtige Wiener Joe May gilt als einer der produktivsten und anregendsten Filmpioniere des Weimarer Kinos. Er war Regisseur, Autor, Produzent, Atelierbetreiber und ein ausgefuchster Werbestratege. In seinem Atelier in Berlin-Weißensee drehte er mit seiner Gattin und Diva Mia May für 750.000 Mark den ersten Monumentalfilm der deutschen Filmgeschichte: Veritas Vincit. Ein pompös ausgestatteter Episodenfilm, der drei Zeitalter (antikes Rom, Mittelalter und Gegenwart) über das Leitmotiv der Seelenwanderung verbindet und mit den eindrucksvollen Bauten und Kulissen von Paul Leni – etwa der authentischen Rekonstruktion des Circus Maximus auf dem Terrain der Weißenseer Rennbahn – das Verlangen nach immer größeren, immer teureren Sensationen bediente. Flieger warfen drei Tage vor der Uraufführung Hunderttausende von Flugblättern auf die Hauptstadt, an allen Litfaßsäulen prangten die Riesenplakate. Der Kritiker Willy Haas nennt Joe May den »König der Supermonumentalfilme«.
Veritas Vincit erlebte im Weimar des Jahres 1919 insgesamt 20 Vorführungen in den Reform Licht-Spielen (25.04. – 04.05.1919).
Schock der Freiheit
Mit der Gründung der Weimarer Republik beginnt auch für das Weimarer Kino das goldene Zeitalter des deutschen Films. Nach der Kaiserherrschaft und den Schrecken des Ersten Weltkriegs spiegelt sich der plötzliche »Schock der Freiheit« (Siegfried Kracauer) in den eskapistischen Lustspielen, glamourösen Spektakeln und düsteren Leinwandfantasien des Films. Anhand der rekonstruierten Spielpläne der lokalen Kinos »Scherffs Lichtspielhaus« und »Reform Licht-Spiele« zeigen das Lichthaus Kino, die Bauhaus-Universität Weimar, das Kunstfest Weimar und das Weimarer Stadtarchiv in Zusammenarbeit mit international renommierten Musiker*innen und Gästen eine Stummfilm-Retrospektive mit seltenen Werken, die sich vor genau 100 Jahren als Publikumsmagneten erwiesen und an das filmische Kulturerbe aus der Perspektive der Stadt Weimar erinnern. Historische Wochenschauen ergänzen die Hauptfilme.
Weitere Stummfilme mit Live-Musik in der Retrospektive »Schock der Freiheit«:
26.8., 19:45
Die Dame, der Teufel und die Probiermamsell (D, 1919) & Dida Ibsens Geschichte. Ein Finale zum »Tagebuch einer Verlorenen« von Margarete Böhme (D, 1918)
27.8., 19:45
Pax Æterna. Der ewige Frieden (DK, 1917)
28.8., 19:45
Rose Bernd (D, 1919)
31.8., 15:00
Im deutschen Sudan (D, 1917)
1.9., 15:00
Der Rattenfänger von Hameln (D, 1918) u.a. Kurzfilme
1.9., 19:45
Der grüne Vampyr (D, 1918/19) & Die Austernprinzessin (D, 1919)
4.9., 19:45
Opium (D, 1918)
5.9., 19:45
Die Spinnen 1. Teil: Der goldene See (D, 1919)
Richard Siedhoff
Pianist und Komponist Richard Siedhoff gilt als einer der gefragtesten Nachwuchstalente auf seinem Gebiet. Seit 2008 hat er mehr als 300 Stummfilme am Klavier begleitet, gastiert regelmäßig auf internationalen Festivals, ist auf zahlreichen DVD-Einspielungen vertreten und hat einige Orchesterpartituren für Stummfilme geschrieben.
www.richard-siedhoff.de
Mykyta Sierov
Mykyta Sierov wurde in Kiew (Ukraine) geboren. Er studierte klassische Oboe an der Musikakademie in Kiew an die Hochschule für Musik Franz Liszt, Weimar. Als freischaffender Solist und Orchestermusiker ist er begehrter Oboist in diversen Kammermusikensembles. Dabei spielt er nicht nur klassische Musik, sondern auch Jazz, Pop und eigene Kompositionen sowie Musik zu Stummfilmen mit anderen Partnern. Als Solist gibt er zahlreiche Konzerte in Deutschland und im Ausland.
www.bosque-magico.de
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Veritas Vincit. The Truth Shall Triumph
The director, author, producer and studio operator Joe May was one of the most prolific and thrilling film pioneers of Weimar cinema. For 750,000 marks, he and his wife, the diva Mia May, produced the first monumental film in German film history – «Veritas Vincit». Featuring grandiose film sets and props, the episodic film spans three ages (ancient Rome, the Middle Ages, and the present), interconnected by transmigration. The impressive sets by Paul Leni – such as the authentic reconstruction of the Circus Maximus – served to satisfy the demand for ever larger, pricier sensations. The film critic Willy Haas described Joe May as the «king of super monumental films».
Shock of Freedom
Films of the Weimar Republic in Weimar’s Cinemas in 1919 The founding of the Weimar Republic marked the beginning of Weimar cinema, the golden age of German film. After imperial rule and still shaken by the horrors of World War I, the «shock of freedom» (Siegfried Kracauer) in German society was reflected in escapist comedies, glamourous spectacles and dark fantasies on the silver screen. This silent-film retrospective is based on reconstructed film programmes shown at Weimar’s local movie theatres. In cooperation with internationally acclaimed musicians and guests, the Lichthaus Kino, the Bauhaus-Universität Weimar and Weimar Stadtarchiv present these rare works.
Richard Siedhoff
The pianist and composer Richard Siedhoff is one of the most sought-after young musicians in his field. Since 2008, he has accompanied more than 300 silent films on the piano, regularly guest-performed at international festivals, has had numerous recordings released on DVD and has composed several of his own orchestral scores for silent films.
www.richard-siedhoff.de
Mykyta Sierov
Mykyta Sierov was born in Kiev and studied classical oboe
at the conservatory there and at the University of Music
Franz Liszt Weimar. He is a highly acclaimed orchestral
and solo musician, composes his own music and feels right
at home with jazz.
www.bosque-magico.de
Regie: Joe May
Darsteller*innen: Mia May, Johannes Riemann
Live-Musik: Richard Siedhoff
Stummfilmfestival - Schock der Freiheit
Idee + Konzeption: Dr. Simon Frisch, Gerrit Heber, Katrin Richter, Bauhaus-Universität Weimar / Sven Opel +Dirk Heinje, Lichthaus GmbH / Dr. Jens Riederer, StadtarchivWeimar / Richard Siedhoff
Förderung: Thüringer Staatskanzlei, Sparkassenstiftung Weimar – Weimarer Land, Sparkassen Kulturstiftung Hessen-Thüringen, Stadt Weimar, Bauhaus-Universität Weimar, Freundeskreis der Bauhaus-Universität Weimar, Weimarer Republik e.V.
Eine Veranstaltungsreihe von Lichthaus Kino, Bauhaus-Universität, Stadtarchiv Weimar und Kunstfest Weimar
Karten: 10 € / ermäßigt 7 €
Dauer: 151 min
Barrierefreier Zugang (mit Anmeldung)