Ein Podiumsgespräch
Exil ist überall. Die Zahl der Menschen im Exil wird immer größer. Etwa 3,6 Prozent der Weltbevölkerung sind Migranten, im Jahr 2024 wächst diese Zahl weiter an. Nach einem Bericht der UNOFlüchtlingshilfe waren im Mai dieses Jahres bereits 120 Millionen
Menschen weltweit gewaltsam vertrieben – »mehr als die Bevölkerungszahl von Deutschland, Österreich, Schweiz und der Niederlande zusammen«. Migration ist eine globale Tatsache, für jeden einzelnen Migranten aber individuelle Grenzerfahrung. Oft kann die Diaspora die Heimat nicht ersetzen, wie das Beispiel der Armenier oder, in diesen Tagen wieder, das Beispiel der Juden zeigt.
Die Schatten politischer, religiöser und kultureller Konflikte liegen über der Exilgesellschaft. Leben im Exil – was bedeutet das eigentlich für den Einzelnen? Für die Kultur derer, die auswandern? Für die Kultur der Aufnahmeländer? Über diese Themen diskutieren die russische Oppositionelle und Historikerin Irina Scherbakowa (Schirmherrin des Kunstfest Weimar 2024), der israelisch-deutsche Psychologe und Autor Ahmed Mansour, der arabisch-palästinensischer Herkunft ist, der iranische Journalist Omid Rezaee und die chinesisch-deutsche Schriftstellerin und Lyrikerin XU Pei. Die Moderation übernimmt die MDR-Moderatorin Yara Hoffmann.
Gesprächsgäste
Dr. Irina Scherbakowa ist Historikerin, Menschenrechtlerin und Mitgründerin von Memorial. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine lebt sie in Deutschland im Exil und ist als Vorsitzende von Zukunft Memorial e.V. tätig.
Ahmad Mansour ist arabischer Israeli und lebt seit 2004 in Berlin. Er ist Diplom-Psychologe und Autor. Er arbeitet für Projekte gegen Extremismus und engagiert sich gegen Antisemitismus. Von ihm liegen zahlreiche Bücher zu Fragen der Integration und über religiösen Extremismus vor.
Omid Rezaee war Chefredakteur einer Studentenzeitung im Iran, was ihm zwei Monate Haft einbrachte. 2012 floh er in den Irak und landete mit einem humanitären Visum 2015 in Berlin. Heute schreibt er als freier Autor für deutsche Medien, betreibt eine eigene Webseite und einen Podcast.
Dr. Xu Pei ist eine chinesisch-deutsche Schriftstellerin und Lyrikerin, die seit Ende 1988 im Exil in Deutschland lebt und hier in Germanistik promovierte. Ihr viel beachteter fünfter Gedichtband »Himmelsauge« erschien vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking und brachte sie in ihrer Heimat als chinakritisch und »antichinesich« in Verruf.