IZA HAWA

ALI CHAHROUR

Der libanesische Starchoreograph Ali Chahrour mit einem liebevollen Abgesang auf seine Heimat Beirut

Im Libanon wirkt die überall manifeste Wirtschaftskrise wie ein schleichendes Gift – nicht nur auf die Kulturproduktion. Es mutet wie ein Wunder an, dass der – mittlerweile weltweit renommierte – Choreograf Ali Chahrour seine Projekte nach wie vor in seiner Heimat entstehen lassen kann. Sein neuer, erneut international koproduzierter Abend »Iza Hawa« (arabisch für „sich verlieben“ oder „fallen“ ) wurde im Frühjahr in Beirut uraufgeführt. Die Stadt wird hier zur Kulisse einer Tragödie, in der sie selbst eigentlich die Hauptrolle innehat. Die zentrale Frage ist dabei schlicht, wie man als Mensch in einem komplett bankrotten Wirtschaftssystem weiterleben kann, wenn langsam das eigene Alter die Oberhand gewinnt. Chahrour bringt mit dem Schauspieler und Theaterwissenschaftler Roger Assaf und der Regisseurin, Schauspielerin und Autorin Hanane Hajj Ali schlichtweg das ikonische, intellektuelle Paar der libanesischen Kunstszene auf der Bühne zusammen und verbindet die Intimität ihres Liebeslebens mit dem geschundenen Alltag ihrer Stadt Beirut. Einer Stadt, die zusammenbricht, während ihre Liebe zusammenhält, wie der Zement, der die wenigen rissigen Mauern der Stadt noch trägt. Die Choreografie fokussiert darauf, was ein alternder Körper noch geben kann, wenn er an seine Grenzen stößt. Chahrour fordert die Bewegung heraus, zu tanzen und sich auszudrücken, und verlässt sich dabei auf die Kraft der Gesten und die Tiefe der Körper, die sowohl die Intensität der persönlichen Geschichten als auch das überwältigende Gewicht der Jahre, ihres politischen wie sozialen Engagements in sich tragen. Allein in der Morgendämmerung des nahen Untergangs ihrer Stadt klammern sie sich an das, was bleibt.