Der Mensch allein spät in der Nacht, auf sich selbst und seine rasenden Gedanken zurückgeworfen, das ist nicht erst seit Goethes »Faust« ein gängiges Motiv der Literatur. Man kann die Corona-Krise, aus der Distanz betrachtet, auch als gigantisches Experiment am lebenden modernen Subjekt betrachten: Der Mensch wird aus einem rasenden Leben in den Leerlauf des Lockdown geworfen und muss sich plötzlich neu zurechtfinden. Der Terminkalender ist gelöscht. Das Hamsterrad steht still. Der Stress weicht einer Leere und plötzlich steigen große Fragen auf. Wie will ich leben? In der Isolation sieht der Mensch sich der eigenen Verletzlichkeit ausgeliefert, mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert. Wie war mein Leben bis hierher, wie soll es in Zukunft sein? Mit den Fragen brechen auch große Gefühle durch: Einsamkeit und Liebe, Angst und Wut. Das Experiment ist einzigartig. Es findet für jeden individuell und gleichzeitig für alle statt. Es konfrontiert uns mit der Wahrheit über uns selbst und über die Gesellschaft, in die wir nach dieser Nacht zurückkehren.
Nachdem Falk Richter (»Regisseur des Jahres 2018«) im vergangenen Jahr mit seinem großen szenischen Essay »I am Europe« vom NATIONALTHEATER STRASSBURG in Weimar gastierte, entwickelt der Berliner Autor und Regisseur in diesem Jahr für das KUNSTFEST WEIMAR die Performance »Five Deleted Messages« gemeinsam mit einem der Protagonisten des Berliner MAXIM GORKI THEATER, Dimitrij Schaad, der zuletzt mit großem Erfolg in den »Känguru-Chroniken« im Kino zu sehen war.
Produktionsvorankündigung in der Thüringer Allgemeine, am 14.8.2020
VOM KÄNGURU ZUM WEIMARER FAUST
Filmstar Dimitrij Schaad eröffnet das Kunstfest Weimar mit „Five Deleted Messages“ von Falk Richter
Immerhin einen deutschen Kinoerfolg hat es in diesem Jahr gegeben: „Die Känguru-Chroniken“ – die Geschichte eines liebenswert-chaotischen Klein- und Lebenskünstlers und des titelgebenden Beuteltiers, das ihm eines Tages zuläuft, bei ihm einzieht und sein Leben auf den Kopf stellt. Ein ziemlich lebenskluger Quatsch, den sich der Autor der Romanvorlage Marc-Uwe Kling da zusammengeschrieben hat und den Dani Levy kongenial auf die Leinwand umsetzte. Die Hauptrolle spielte der junge, 1985 in Kasachstan geborene Dimitrij Schaad, der vor seinem großen Kinoerfolg mit dem Kurzfilm seines kaum weniger begabten Bruders Alex den begehrten Studentenoscar in Gold nach Deutschland holte. Doch jenseits des Glamours des Filmgeschäfts ist Dimitrij Schaad vor allem eins: ein verdammt guter Bühnendarsteller, sechs Jahre prägendes Mitglied des Berliner Maxim Gorki-Theaters, gefeiert für seine Authentizität, die er lieber „Direktheit“ nennt: „Ich möchte mit den Zuschauern sprechen wie mit Menschen, mit denen man einfach zusammen in einem Raum ist. Nicht in einer künstlichen Spiel und Sprechweise, sondern verletzlich und leidenschaftlich.“ Dieser wunderbar leichte und komische, genauso tiefgründig bohrende Mann soll den „Faust“ spielen, 2020 in Weimar. Ja richtig. Doch dann kam Corona… Genau das ist die Ausgangssituation von Falk Richters für das Kunstfest Weimar geschriebenen Textes „Five Deleted Messages“ – der Eröffnungsproduktion des diesjährigen Festivals am 26.08. in der Alten Feuerwache Weimar, die auch am 04. und 10.09 zu sehen sein wird. Die Inszenierung des europaweit umworbenen Autoren- und Regiestars Richter ist für Weimar und die Alte Feuerwache mit seiner großen Kinoleinwand maßgeschneidert. Dimitrij Schaad freut sich, in Weimar auf ganz spezielle Art Bühnenspiel, Live-Video-Projektionen und vorgedrehte Filmsequenzen in einer Multimedia-Performance ineinander aufgehen zu lassen.
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Text & Regie: Falk Richter
Video: Chris Kondek
Dramaturgische Mitarbeit: Jens Hillje
Mit: Dimitrij Schaad
Produktion: Kunstfest Weimar
Text & Regie: Falk Richter
Video: Chris Kondek
Dramaturgische Mitarbeit: Jens Hillje
Mit: Dimitrij Schaad
Produktion: Kunstfest Weimar