Mehr als ein Dreivierteljahrhundert nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung vom Nationalsozialismus stellt sich die Frage nach der Zukunft der Erinnerung mit Nachdruck: Das historische Erinnern an Nationalsozialismus und Holocaust gehört heute zur Staatsräson der Bundesrepublik und ist zumindest nominell in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Immer mehr verlagern sich aber die Gewichte weg von einer kritisch-diskursiven, gegenwartsbezogenen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hin zu einer staatlich-repräsentativen, oft weniger kritischen Memorialkultur, die den Abstand zur nationalsozialistischen Vergangenheit stärker betont als deren Nachwirkungen und das Wiederaufleben antidemokratisch-rassistischer Haltungen in Politik und Gesellschaft. Hinzu kommt der unvermeidliche Abschied von den Überlebenden nationalsozialistischer Verfolgung, mit denen eine gewichtige politisch-moralische Instanz verloren geht. Menschen, die in Berichten und Gesprächen in besonderer Weise berührt haben und die die Vergangenheit — auch in ihrer Bedeutung für die Gegenwart — aufleben lassen konnten.
Prof. Dr. Volkhard Knigge wird mit Menschen sprechen, die die Erinnerungskultur seit langem beobachtet und mitgestaltet haben. Dabei geht es um historisches Erinnern an Geschichte, die nicht hätte geschehen dürfen, aber dennoch geschehen ist. In drei Gesprächen erkundet er historische Entwicklungen und wie ein zukünftiges historisches Erinnern aussehen kann, das seine kritisch-aufklärerischen Potenziale bewahrt, statt in Aufarbeitungsstolz und Selbstzufriedenheit zu verkümmern.
»Aufarbeitung der Vergangenheit, Gedenkstättenarbeit, Demokratisierung. Geschichte und Renovierungsbedarf eines wegweisenden Projekts.«
SO, 29 AUG — 17 UHR | Hotel Elephant Weimar
mit Dr. Zofia Wóycicka (Deutsches Historisches Institut Warschau) und Prof. Dr. Norbert Frei (Friedrich-Schiller-Universität Jena).
»Was ist vom ›Nie wieder‹ geblieben?«
MO, 30 AUG — 20 UHR | Deutsches Nationaltheater, Foyer
mit Ivan Ivanji und Éva Pusztai als Auschwitz- und Buchenwaldüberlebende
»Verbrechensgeschichte begreifen«
DO, 2 SEP — 19 UHR | Deutsches Nationaltheater, Foyer
mit Dr. Elke Gryglewski (Geschäftsführerin der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten) und Prof. Dr. Jens-Christian Wagner (Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora)